Sonntag, 20. Juli 2025

Umleitung nach Sinzig

Ich radele am Rhein und ich komme wegen einer Umleitung, die man vergessen hat wegzunehmen, nach Sinzig an der Ahrmündung.

Nach einer ersten historischen Orientierung ist mir klar, dass ich mich auf der Strecke der Via Regia, dem Königsweg von Frankfurt nach Aachen befinde. In Sinzig gab es im Hochmittelalter eine Kaiserpfalz, wo die Könige auf dem Weg zur Krönung nach Aachen übernachten konnten.
 
Die kleine Stadt war von der Flutkatastrophe an der Ahr schwer betroffen gewesen, die Brücke über die Ahr war damals zerstört. Jetzt ist sie wieder hergestellt und die Umleitung der Fahrradfahrer ist eigentlich überflüssig. Der Ort nennt sich stolz Barbarossa-Stadt, weil einst Friedrich Barbarossa hier weilte. 

Auf meinem Bummel durch die Innenstadt sehe ich hier und da einen Leerstand, gehe vorbei an den üblichen neuen Läden, wie sie heutzutage von Migranten betrieben werden -Tattoo- und Nagelstudios, Barbershop, Döner-Imbiss und türkischer Gemüseladen - und ich lande in einer kleinen familiengeführten deutschen Bäckerei, die ihr Angebot eines frischen Pflaumenkuchens mit Kreide angeschrieben hatte.
Ich genieße am Stehtisch einen Kaffee und ein Stück des leckeren Hefekuchens mit Zwetschge, den ich aus meiner Kindheit kenne. Und ich komme mit einem Gast am Nachbartisch ins Gespräch.

Herr Schmitz, offenbar ein Rentner, erzählt  mir aus seiner Zeit als Brandschutzberater.
Wir sprechen über das traditionelle Brot der Bäcker, die noch mit dem Steinofen backen. Er fragt, ob ich die Ofenkaule kennen würde, einen Ort im Siebengebirge, zwischen dem Drachenfels und dem Petersberg, nicht weit von Königswinter. Als ich verneinte, erzählt er:

„Ich gehörte damals in den achtziger Jahren einer Gruppe von CB Funkamateuren an. Wir wollten etwas erleben und erkunden, und beschlossen, an der Ofenkaule in den Berg hineinzusteigen. Es gab dort ein Stollensystem aus der Zeit, als man im Berg Steine für den Ofenherstellung in Königswinter abbaute. Im Zweiten Weltkrieg wurde dort von der Rüstungsindustrie ein Aggregat für die Luftwaffe montiert. Gegen Kriegsende diente das Stollensystem den Bewohnern von Königswinter als Luftschutzraum.
Unser Abenteuer wurde den Behörden bekannt. Gegen Mitternacht stand eine Sondereinsatzgruppe der Polizei am Eingang und wollte uns festnehmen. Sie beschuldigten uns, für die RAF-Terrorvereinugung Waffen zu verstecken. Zum Glück stellte sich später alles als harmlos heraus, weil wir ja nur abenteuerlustige CB-Funker waren.“

Er fügt noch hinzu, dass die Höhle jetzt für Unbefugte nicht mehr betretbar sei. Sie sei zugemauert und habe nur noch Schlitze für den Ein- und Ausflug der Fledermäuse, die jetzt im Berg wohnen.

Zurück nach Bonn fahre ich mit der Regionalbahn im praktischen Mitnahmeabteil für Fahrräder.

Das war eine schöne Umleitung.



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