Freitag, 22. März 2024

Lichtkunst und Bier

Nach meinem Spaziergang durch Regensburg, über die Steinbrücke und zum alten Rathaus, kehrte ich am frühen Abend im örtlichen Hofbräuhaus ein. Ein frisches Bier und ein Teller mit Ochsenfleisch und Meerrettich taten gut. 

Als ich in der Dunkelheit zurück zum Hotel bummelte, konnte ich einige der Lichtkunstwerke bewundern, die im Rahmen des International Light Art Festivals die Altstadt an 13 Standorten illuminierten.

Die Minoritenkirche erfuhr bei sanften Musikklängen verschiedene Verhüllungen in buntem Licht. Unter anderem: Es wuchsen pilzähnliche Gebilde, es quoll eine Art von Teigmasse, und die Außenmauern wurden spektakulär begrünt.

In einer kleinen Gasse überraschte ein feststehendes Bild: Inmitten eines großen Herzens steht ein Pärchen, und über deren Köpfe fallen Bomben herab. Erinnerung an die Bombardierung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg; Assoziationen zu den derzeitigen kriegsverbrecherischen Luftangriffen auf Städte in der Ukraine und in Palästina (Gaza).

Der Pulverkopp

Audio 


Donnerstag, 21. März 2024

Der junge Zugvogel Frühling

 In Bayreuth habe ich mich mit meinem Rucksack auf einen 10-Kilometermarsch begeben. Ich wanderte auf einem gut beschriebenen Weg durch die Wilhelminenaue. Das war ein Stück auf dem Jean-Paul-Wanderweg. Den letzten Teil ging es mit dem Bus zur Eremitage, zu jener schönen, kleinen barocken Schlossanlage mit Wasserspiel und Café, die schon der Dichter Jean Paul mehrfach mit Lust besuchte. 

Eine Passantin empfahl mir, im Café die Windbeutel mit Schlagsahne zu probieren, wobei sie mit weit ausgestreckten Armen lachend andeutete, welche Ausmaße ihre windbeutelverliebte Nachbarin angenommen habe.
Ich fand das Café und den Zugang zur markgräflichen Gebäudeanlage leider geschlossen. Öffnung ab April.
Nehmen wir zum Trost eine Beschreibung aus Jean Pauls Roman Siebenkäs:

Eremitage - Zweiter Himmel über Bayreuth

Nachmittags bezogen beide das grünende Lustlager der Eremitage; und die Allee dahin schien ihren frohen Herzen ein durch einen Lustwald gehauener Gang zu sein; auf die Ebene um sie hatte sich der junge Zugvogel, der Frühling, gelagert, und seine abgeladnen Schätze von Blumen lagen über die Wiesen hingeschüttet und schwammen die Bäche hinab, und die Vögel wurden an langen Sonnenstrahlen aufgezogen, und die geflügelte Welt ing taumelnd im ausgegoßnen Wohlgeruch.

Leibgeber nahm sich vor, sein Geheimnis und Herz heute in der Eremitage aufzuschließen - vorher aber einige Flaschen Wein.“

Der Pulverkopp
(Das Foto zeigt die Schaufensterwerbung einer Konditorei in Wunsiedel.)



Zu Hause wird genagelt

 


Zu Hause wird genagelt 

Vor dem Mainzer Dom erinnert ein Kriegerdenkmal an die toten Soldaten des Ersten Weltkriegs. Für jeden gefallenen Soldaten wurde in einen großen Stamm ein Nagel eingeschlagen - in vaterländischer Gesinnung, versteht sich. Das machte man in Deutschland in vielen Orten.

Nachdem kürzlich der polnische Außenminister erklärt hat, im derzeitigen Krieg mit Russland seien schon NATO Soldaten in der Ukraine aktiv und nachdem der französische Präsident die Entsendung von Bodentruppen nicht ausschließt, ist zu fragen, ob es wieder so kommt: An der Ostfront wird gestorben, zu Hause wird vaterländisch genagelt.

In dem bayrischem Regionalmuseum in Wunsiedel ist ein Nagel-Kriegerdenkmal aus dem ersten Weltkrieg ausgestellt. Damals hat man noch währen des Krieges aufgehört zu nageln, weil die Verluste für die Bevölkerung unerträglich wurden.

Der Pulverkopp 


Foto: privat

Dienstag, 12. März 2024

Bellevue - Kriegsszene

 

Eine Kriegsszene im Ersten Weltkrieg. 


Ernst Jünger、Stahlgewitter

“Auf der einsamen Höhe am Wege nach Ransart lag eine Ruine, ein ehemaliges Estaminet, wegen des weiten Ausblicks auf die Front Bellevue genannt, ein Ort, der mich trotz seiner gefährlichen Lage besonders anzog. Die Verlassenheit und das tiefe Schweigen, ab und zu vom dumpfen Ton der Geschütze unterbrochen, verstärkten den traurigen Eindruck der Zerstörung. Zerrissene Tornister, abgebrochene Gewehre, Zeugfetzen, dazwischen in grausigem Kontrast ein Kinderspielzeug, Granatzünder, tiefe Trichter der krepierten Geschosse, Flaschen, Erntegeräte, zerfetzte Bücher, zerschlagenes Hausgerät, Löcher, deren geheimnisvolles Dunkel einen Keller verrät, in dem vielleicht die Gerippe der unglücklichen Hansbewohner von den überaus geschäftigen Rattenschwärmen benagt werden, ein Pfirsichbäumchen, das seiner stützenden Mauer beraubt ist und hilfesuchend seine Arme ausstreckt, in den Ställen die noch an der Kette hängenden Skelette der Haustiere, im verwüsteten Garten Gräber, dazwischen grünend, tief im Unkraut versteckt, Zwiebeln, Wermut, Rhabarber und Narzissen, auf den benachbarten Feldern Getreidediemen, auf deren Dächern schon die Körner wuchern; all das durchzogen von einem halbverschütteten Laufgraben, umgeben vom Geruch des Brandes und der Verwesung. Traurige Gedanken beschleichen den Krieger, dessen Fuß auf den Trümmern einer solchen Stätte ruht, wenn er derer gedenkt, die noch vor kurzem hier friedlich lebten.”

Montag, 4. März 2024

Frankreich mit Bodentruppen auf der Krim

 Angesichts des sich verschärfenden Ukraine-Krieges lohnt es sich, an den Krimkrieg von 1854 – 1856 zu erinnern. Frankreich begab sich unter seinem Kaiser Napoleon III (nicht zu verwechseln mit Napoleon Bonaparte, dessen Armee 1812 in Moskau scheiterte) zusammen mit England und der Türkei auf einen Feldzug gegen das Zarenreich. Die französische Armee eroberte im Jahr 1855 die Hafenstadt Sewastopol auf der Krim.  Es kam zum ersten modernen industriellen Stellungskrieg mit Artilleriebeschuss.  Frankreich hatte ca. 70.000 Tote zu beklagen.
Der russische Dichter Lew Nikolajewitsch Tolstoi hat seine Kriegserlebnisse in der ErzählungSewastopol verarbeitet. Darin berichtet er über das Vordringen der Franzosen:
„(…) noch immer beobachtet ein Unteroffizier vom Steuer vom Telegraphenhügel aus durch ein Fernrohr die bunten Gestalten der Franzosen, ihre Batterien, ihre Zelte, die Truppenmassen, die sich auf der grünen Höhe bewegen, und die in den Laufgräben aufsteigenden Rauchwölkchen, – und immer noch streben von allen Enden der Welt verschiedene Menschenscharen mit derselben Glut und mit noch verschiedenartigeren Wünschen nach dieser schicksalsreichen Stätte. Und immer noch ist die Frage, die die Diplomaten nicht gelöst haben, nicht gelöst durch Pulver und Blut. (…)
Als die Waffen schweigen:
"Alles war tot, öde, schrecklich, aber nicht still, – noch immer wurde das Werk der Zerstörung fortgesetzt. Auf der durch frische Explosionen aufgerissenen und eingestürzten Erde lagen überall zerbogene Lafetten auf russischen und feindlichen Leichen, – schwere gußeiserne, für immer verstummte Kanonen, die durch eine fürchterliche Gewalt in Gruben geworfen und halb mit Erde überschüttet waren, – Bomben, Kanonenkugeln, wiederum Leichen, Gruben, Bruchstücke von Balken aus den Blindagen, und wieder stumme Leichen in grauen und blauen Mänteln. Das alles zitterte noch häufig nach und wurde durch die Purpurflamme der Explosion beleuchtet, die fortgesetzt die Luft erschütterte. (..)
Und diese Menschen sind Christen, die das eine große Gebot der Liebe und Selbstverleugnung bekennen, und fallen beim Anblick dessen, was sie gethan, nicht voll Reue mit einem Schlage auf die Knie vor Dem, der, als er ihnen das Leben gab, in die Seele eines jeden, zugleich mit der Todesfurcht, die Liebe zum Guten und Schönen gelegt hat, und umarmen sich nicht mit Thränen der Freude und des Glücks als Brüder?“
Als die Kämpfe weitergehen, schreibt Tolstoi:
„Die weißen Flaggen sind entfernt, und von neuem pfeifen die Geschosse, Tod und Verderben bringend, von neuem wird unschuldiges Blut vergossen und Stöhnen und Fluchen laut.“ (…)
(zitiert nach Projekt Gutenberg)
Der Pulverkopp


Foto: privat